Wie bekommt man einen Tropfen an den rechten Fleck?

Forscher entdecken einen Mechanismus, mit dem Zellen membranlose Organellen räumlich organisieren

Bild einer Zelle

Verteilung von P granules (in Rot) und dem Regulator-Protein (grün) in einem Fadenwurm-Embryo im Einzellstadium (Bild: Carsten Hoege)

Damit Zellorganellen richtig funktionieren können, müssen sie zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle sein. Manche Arten von Zellorganellen sind von einer Membran umschlossen, andere nicht. Erstere werden in Zellen wie mit kleinen LKW's auf Zell-Autobahnen transportiert. Die Membran spielt dabei eine wichtige Rolle, da Motorproteine, die Zell-Laster, an ihr andocken und so die Organellen zu ihrer Ladung machen. Wie aber stellt eine Zelle sicher, dass Zellorganellen, die keine Membran haben und quasi flüssig sind, zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind? Oder anders gefragt: Wie bekommt man einen Tropfen an den rechten Fleck?

Tropfen kann man recht einfach herstellen, wenn man etwa Wasserdampf abkühlen lässt - die Tropfen dabei aber genau zu positionieren, wird schon schwieriger. Dazu könnte man beispielsweise eine geschlossene Kammer am einen Ende beheizen, während man das andere Ende kühlt. Die Wassertropfen am heißen Ende würden dann verdampfen und am kühlen Ende kondensieren. Forscher aus dem Labor von Tony Hyman am MPI-CBG haben nun entdeckt, dass Zellen einen ähnlichen Mechanismus nutzen, um flüssige Organellen ohne Membran, sogenannte P granules, an einer bestimmten Seite anzusammeln. Die Experimente führten sie in Zellen des Fadenwurms C. elegans durch - die Polarität der Zellen ist für die Fruchtbarkeit dieses Wurms unbedingt nötig. Es zeigte sich, dass Signale der Zelle dafür sorgen, dass sich ein bestimmtes Regulatorprotein am einen Ende der Zelle ansammelt. Dieses Protein sorgt dafür, dass sich die P granules auflösen. Das aufgelöste Material kondensiert dann wieder als P granules am anderen Ende der Zelle, wo die Konzentration des Regulator-Proteins sehr gering ist.

"Wir wollten verstehen, wie der Regulatorprotein die P granules genau auflöst und entdeckten dabei einen neuartigen Mechanismus", erzählt Shamba Saha, Erstautor der Studie. Damit sich P granules überhaupt bilden können, müssen sie sich mit mRNA-Molekülen verbinden. Es zeigte sich, dass die P granules dabei im Wettstreit mit den Regulatorproteinen stehen - beide konkurrieren um die mRNA. P granules lösen sich wieder auf, wenn ihnen das Regulatorprotein die mRNA-Moleküle streitig gemacht hat.

Die Studie ist eine Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Physik Komplexer Systeme in Dresden, dem Max-Planck-Institut für Biochemie, der Martin-Luther-Universität Halle sowie der Colorado State University und wurde in der Fachzeitschrift Cell veröffentlicht.

Zu dieser Publikation gibt es auch eine knappe Video-Zusammenfassung des Erstautoren Shamba Saha.

Originalveröffentlichung

Shambaditya Saha, Christoph A. Weber, Marco Nousch, Omar Adame-Arana, Carsten Hoege, Marco Y. Hein, Erin Osborne-Nishimura, Julia Mahamid, Marcus Jahnel, Louise Jawerth, Andrej Pozniakovski, Christian R. Eckmann, Frank Jülicher, Anthony A. Hyman:
Polar Positioning of Phase-Separated Liquid Compartments in Cells Regulated by an mRNA Competition Mechanism
Cell, 8. September 2016