Seine innere Mitte finden

Wie eine Zelle die Teilungsspindel zentriert

Links: Der Magnet, mit dem die Zelle manipuliert wurde - die Ausrichtung der kleinen Kügelchen zeigt sich deutlich im Hintergrund als Linie. Rechts: Ein Fadenwurm-Embryo im Einzell-Stadium, die Chromosomen und das Zentrosom sind leuchtend markiert. An der rechten Seite des oberen Chromosoms ist ein superparamagnetisches Kügelchen angebracht.

Zellteilung ist der Grundvorgang allen Lebens. Damit eine Zelle das kopierte Erbgut fehlerfrei an beiden Tochterzellen weitergeben kann, ist es extrem wichtig, dass die Zellteilungsspindel exakt in der Mitte der Zelle positioniert ist. Welche Kräfte halten sie dort, und wie hoch sind diese Kräfte? Wie wird der Vorgang zeitlich von der Zelle getaktet? Und wie schaffen es die Kräfte, sich gegen andere Einflüsse wie thermische Strömungen durchzusetzen? Diese Fragen blieben bisher unbeantwortet, weil es äußerst schwierig ist, in lebenden Zellen Kräfte zu generieren und zu messen. Einem Team in Dresden ist genau dies gelungen: Sie führten Messungen der Kräfte in sich teilenden Zellen des Fadenwurms C. elegans durch und entdeckten dabei, dass die Zellteilungsspindel die generierten Kräfte aus tausenden von fadenartigen Proteinen, den Mikrotubuli, orchestriert. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Science publiziert.

Bisher waren eher optische Ansätze ein Versuch, Kräfte in lebenden Zellen zu messen: Proteine wurden mit Laser zerschnitten, oder auch mit Glasnadeln manipuliert. Die Dresdner Forscher wählten eine andere Methode: Sie schleusten magnetische Partikel in die Zelle, um dann mit Magneten von außen direkt Kraft auf die Pole der Zellteilungsspindel auszuüben, ohne andere Strukturen oder Prozesse in der Zelle zu beeinflussen. So konnten sie die Kräfte, die während einer Zellteilung wirken, genau messen. Es zeigte sich dabei, dass die Zellteilungsspindel die Kräfte generiert, die sie in der Mitte halten und wohl auch dorthin bewegen.

Der gemessene Wert war überraschend gering: Gerade mal 20pN braucht es, um die Zellteilungsspindel, die sich immerhin aus tausenden von Mikrotubuli aufbaut, einen Mikrometer zu bewegen. "Das ist, als würde man ein ganzes Gebäude aus Stahl nur mit einem Finger schieben, und in diesem fall sind alle Stahlträger extrem dynamisch: sie bauen sich die ganze Zeit selbst auf oder ab," sagt Carlos Garzon-Coral, der jetzt in Stanford arbeitet, vorher Doktorand in der Arbeitsgruppe von Jonathon Howard am MPI-CBG war. Die jetzt veröffentlichte Studie fasst die Arbeit der letzten fünf Jahre zusammen.

Die Kraft, die die Zellteilungsspindel generiert, schafft es, sich gegen andere wirkende Kräfte wie thermische Ströme durchzusetzen. So bleibt die Spindel immer zentriert. Allerdings ist sie auch so gering, dass sie mit kleinsten Schwankungen Auswirkungen auf die Position der Zellteilungsspindel haben kann. Genau das ist wichtig, wenn es zu einer asymmetrischen Zellteilung kommt - dann muss sich die Spindel aus dem Zentrum hinausbewegen.

Originalveröffentlichung

Carlos Garzon-Coral, Horatiu A. Fantana, Jonathon Howard:
A force-generating machinery maintains the spindle at the cell center during mitosis
Science, 26. Mai 2016