Fette im Futter mit Folgen

Kalorien spielen keine Rolle bei der Regulierung von Insulin, sondern Lipide

Voll fett der Unterschied: Die Lipidklassen in der Nahrung entscheiden, ob der Insulinspiegel hoch- oder runtergefahren wird.

Insulin reagiert auf das, was wir essen: Gerade bei Nahrung mit viel Kohlenhydraten steigt der Blutzuckerspiegel an, worauf mehr Insulin ausgeschüttet wird. Eine ganze Kette an Signalen wird dazu aktiviert, die so letztlich Faktoren wie Wachstum, Entwicklung und Lebensdauer eines Organismus an die jeweils verfügbare Nahrungssituation koppeln. Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) haben sich nun ganz bestimmte Lipide angeschaut, die in Fruchtfliegen wichtige Informationen über die Zusammensetzung der aufgenommenen Nahrung an das Gehirn senden und somit auch den Insulinhaushalt regulieren. Dabei spielt der Kaloriengehalt der Nahrung keinerlei Rolle, sondern lediglich die genaue Zusammensetzung des Futters: Entscheidend ist, welche Fette darin enthalten sind. (eLife, Oktober 2014)

Fruchtfliegen im Labor von Suzanne Eaton leben im 5-Sterne-Hotel: ideale Temperaturen, keine Schwankungen, keine Fressfeinde und immer genügend zu fressen. Das Futter hat die Forscher nun besonders interessiert: Wie wirkt es sich auf die Produktion und Ausschüttung von Insulin aus? Für die Laborfliegen hieß es: Futtern für die Forschung – sie bekamen verschiedene Futtermischungen vorgesetzt, die kalorisch absolut identisch, aber von unterschiedlicher Herkunft waren und unterschiedliche Fetten enthielten. Der erste Futtertyp basierte auf Hefe und enthält kurzkettige, gesättigte Fettsäuren. Er bewirkte, dass die Insulinproduktion der Fliegen deutlich hochgefahren wurde. Bekamen die Tiere hingegen den zweiten Futtertyp zu fressen, eine rein pflanzliche Nahrung ohne Hefe, so hatte das den umgekehrten Effekt: Der Blutzucker-senkende Stoff wurde weniger produziert und ausgeschüttet. Die Blut-Hirn-Schranke, so zeigen die Studien der Dresdner Forscher, ist dabei hauptsächlich der Sensor, der an der Grenze zwischen Blutkreislauf und dem Nervensystem Informationen zur Nahrungszusammensetzung aufnimmt und an spezielle Nervenzellen weiterleitet, die dann im nächsten Schritt den Insulinspiegel hoch- oder herunterfahren.

Längere Lebensspanne durch die richtigen Fette

Bei den Fruchtfliegen im Labor hat die richtige Kost sogar die durchschnittliche Lebensdauer erhöht, obwohl das Futter durchaus kalorienreich war. Auch das untermauert die These, dass bei der Insulinregulierung nicht Kalorien entscheidend sind, sondern eher bestimmte Signalelemente, die richtige Zusammensetzung von Fetten. „Wenn man den gleichen Effekt wie mit einer sehr strengen Diät mit extrem reduzierter Kalorienzufuhr erzielen könnten, indem man einfach in der Nahrung die Signalmoleküle unter Kontrolle bekommt – das wäre natürlich sehr cool,“ so Suzanne Eaton. Ganz so einfach lassen sich die Ergebnisse von Fruchtfliegen auf den Menschen aber natürlich nicht übertragen.

Studien anderer Labore haben die Insulinsignalwege in Mäusen und Menschen verglichen: Die Ergebnisse geben Anlass zur Hoffnung, dass hier ein wichtiger Ansatz für zukünftige Therapien für Diabetes Typ 2 liegen könnte. Eines Tages könnten auch die Erkenntnisse der Dresdner Forscher in der Medizin und vor allem in der Prävention hilfreich sein. Denkbar ist, dass ein besseres Verständnis und eine klare Identifizierung der verschiedenen Lipidklassen in unterschiedlichen Nahrungsmitteln ein guter Weg wären, um sorgenfreien Genuss zu ermöglichen: Beispielsweise müssten Diabetes-Patienten dann nicht mehr auf eine extrem kalorienarme Kost achten, sondern könnten Nahrung mit den richtigen Signalelementen ganz ohne Gefahr konsumieren: „Wenn es die richtigen Fette enthält, wäre dann auch ein fettes Schnitzel kein Problem“, so Marko Brankatschk. Er hat die Versuche mit den verschiedenen Fliegenfuttern maßgeblich durchgeführt.

Originalveröffentlichung

Marko Brankatschk, Sebastian Dunst, Linda Nemetschke, Suzanne Eaton:
Delivery of circulating lipoproteins to specific neurons in the Drosophila brain regulates systemic Insulin signaling
eLife, 2 October 2014
elifesciences.org/content/early/2014/10/02/eLife.02862